Die Zeit ausserhalb der Zeit
Vor langer Zeit richteten die Menschen sich nicht nach der Anzahl der Sonnentage auf diesem Planeten. Der Zyklus der Sonne war nicht so leicht zu durchschauen, wie der Zyklus des Mondes. So wundert es nicht, dass die Menschen sich eher nach seinem Lauf als nach der Sonne richteten.
Ein Mondmonat dauert ungefähr 29,5 Tage. Multiplizieren wir diesen Zeitraum mit der Anzahl der Monate so ergeben sich 354 Tage. Es fehlen also 11 Tage und 12 Nächte des Jahres.
Der alte keltische Glaube indes ging nicht von fehlenden Tagen aus, sondern zelebrierte die 12 Nächte, die sich als Differenz aus ihrer Mondberechnung ergaben.
Diese Nächte sind die Rauhnächte. Sie zählen nicht zu der eigentlichen Zeit, sie stehen ausserhalb der Zeit.
Es ist die Zeit in denen sich die Tore zu sämtlichen Dimensionen öffnen. Es ist eine mystische Zeit, eine Zeit voller Wunder und Tiefen. Für unsere Vorfahren waren es heilige Nächte und viele Menschen finden heutzutage zu diesem alten Glauben zurück.
Es ist auch die Zeit der Besinnung auf das zurückliegende Jahr und die Zeit, in der die Menschen sich ein Bild von der Zukunft, dem kommenden Jahr mach(t)en.
In dieser Zeit wurde damals möglichst nicht gearbeitet. Es wurde gefeiert! Die Zeit wurde intensiv genutzt um sich wahrzunehmen und im engen Verbund zu seinen Liebsten zu stehen. Es waren heidnische Feste und wie bei allen heidnischen Bräuchen hat sich auch bei diesen die Kirche eingemischt um sie teils abzuschaffen oder so umzustrukturieren, dass sie in das Kirchenbild passten.
Die Magie der Rauhnächte
Die Nächte liegen zur einen Hälfte im alten, zur anderen Hälfte im neuen Jahr. In der gebräuchlichsten Überlieferung beginnen sie am Heiligabend.
Die Tore jedoch öffnen sich zum Tag der Wintersonnenwende, am 21. Dezember und schließen sich in der Nacht zum Dreikönigstag.
In diesem Zeitraum durchströmen die höchsten Energien unsere Lande. In dieser langanhaltenden energetischen Besonderheit, die nur in diesem Zeitraum des Jahres zu finden ist, liegt die besondere Magie der Rauhnächte. Die Energien sind so intensiv und stark, dass ein jedes Lebewesen sie spüren kann.
Es ist die ideale Zeit um mit sich selbst in einen wahren Kontakt zu treten. Es sind Tage und Nächte der Erneuerung. Wir blicken tief in unsere Seele und erkennen unseren eigenen inneren Kern. Aus diesem Wissen heraus kreieren wir etwas Neues. Das Neue was in dein Leben treten möchte, wird in dieser Zeit nicht nur von den höchsten Energien begleitet, das Neue wird auch mit diesen Energien versehen. Sie werden sich in dem Neuen manifestieren.
Im Einklang mit der Natur
Der Tag der Wintersonnenwende ist der kürzeste Tag des Jahres und sogleich die längste Nacht. Es ist der Moment des Jahres an dem die Tage nun endlich wieder länger werden. Die Dunkelheit wird verbannt, die Tage des Lichts folgen.
Wir können es noch nicht sehen, aber im Boden beginnen die Blumenzwiebeln und Samen sich auf ihre Wiederkehr vorzubereiten. Sie erwachen, keimen und werden sich dem Licht entgegen strecken. Alles was tot schien wird lebendig, alles was im Dunkel lag tritt ins Licht.
Es ist die Zeit der Umkehr, wenn man will, die Zeit der Wiedergeburt allen Lebens.
Zeiten des Nebels liegen hinter uns. Die Zeit, in der die Blätter von den Bäumen fallen und nach und nach in das Erdreich übergehen. Alles Leben der Natur hat sich komplett in das Innere der Erde zurückgezogen. So wie die Natur im Nebel lag, so lag auch oft unser Gemüt in dichte Schwaden gehüllt.
Nun jedoch kommt die Zeit der Klarheit, der kühlen und reinigenden Luft. Das alte Kleid der Natur ist abgelegt, Seen frieren zu und dicke Flocken bedecken die Welt.
Es kehrt Ruhe ein. Du kannst die Stille hören, wenn du einmal ganz ruhig lauschst.
Die Geburt des Lichtes ist eingeleitet. Sie wird die Natur erwecken und sie wird auch uns erwecken.
Ein ganz besonderer Zauber liegt in der Luft. Die Sonne steht tief in dieser Zeit und legt einen fein schimmernden, goldenen Glanz über unsere Welt.
Die Weberinnen des Schicksals, die Nornen, weben die unsichtbaren Fäden für das kommende Jahr. Alles wird neu erschaffen.
Die Tiere ziehen sich zum Teil zum Winterschlaf zurück. Die Rehe hüten ein Rauhnachtsgeheimnis. Seit ihrer Brunftzeit im August, tragen sie den Samen neuen Lebens in sich. Die befruchtete Eizelle bleibt bis Weihnachten im Eileiter. Erst in der Mitte der Rauhnächte beginnt sich die ruhende Eizelle zu entwickeln um ein neues Wesen wird erschaffen.
Rehe, Hirsche und Elche sind zudem die Tierführer des Weihnachtsmannes.
Das harte Leben unserer Ahnen
Die Winter in unseren Breitengraden können sehr lang sein. Für unsere Ahnen war dies eine harte Zeit. Der Winter hielt Einzug und brachte mit der Kälte auch oftmals den Tod. Die Natur hatte nicht mehr viel Essbares zu bieten. Oft war es der pure Kampf um das eigene Überleben. Die Menschen konnten nur auf ihre Vorräte zurück greifen und je länger der Winter anhielt um so größer wurde die Gefahr, dass Feuerholz und Nahrung nicht reichen würde. Alles musste gut eingeteilt werden.
Die Menschen waren bedacht alles richtig zu machen und vor allem wollten sie ihre Götter und Geister nicht verstimmen. So war es eine Zeit vieler Rituale, Zeremonien und Gebete um das Böse zu vertreiben und das Gute zu erbitten. Es war eine sehr aufmerksame Zeit, jeder Fehltritt zur Verstimmung der höheren Mächte sollte vermieden werden, damit das nächste Jahr unter einem möglichst guten Stern stehen konnte.
Frau Holle – Die Schutzpatronin der Rauhnächte
Wir alle kennen Frau Holle aus dem beliebten Märchen der Gebrüder Grimm. Eine strenge, aber gerechte Frau, die es gar nicht mag, wenn jemand faul in den Tag hinein lebt.
Sie ist die Schutzpatronin der Rauhnächte.
Nutzlosigkeit ist ihr zuwider und wird von ihr bestraft. Die fleissigen, achtsamen Menschen hingegen werden reichlich belohnt. Frau Holle achtet streng darauf, dass ein jeder Mensch seiner Bestimmung gemäss lebt und sich entwickelt.
Sie ist die Hüterin über die inneren Anlagen der Menschen. Talente sollen genutzt werden und schlechte Angewohnheiten sollen möglichst abgelegt werden. Frau Holle steht für Reinlichkeit. Es ist daher besonders in den Rauhnächten wichtig Haus und Hof, aber auch sich selbst rein und sauber zu halten.
Frau Holle wünscht das alles seine Ordnung hat in der Zeit der Rauhnächte. Die Wäsche soll nicht in dieser Zeit gewaschen werden, wir sollen nicht verreisen, nicht backen, nicht schwer arbeiten, nicht fegen und kein Rad soll sich drehen. All diese Dinge müssen am Tage vor Anbruch der Julnacht, also der Wintersonnenwende erledigt werden. Neue Kleidung soll bereit liegen. Frau Holle wünscht, dass in den Rauhnächten alles ruht und die Menschen sich erholen und sich voll und ganz auf ihr Innerstes besinnen und somit zum Wesentlichen zurückkehren. Frau Holle liebt kleine Geschenke, wie zum Beispiel ein Stück Kuchen, Gebäck oder ein Brot, welches wir ihr hinstellen können.
Kleine Geschenke, so glaubten die Menschen, würden sie gnädig stimmen und so ist Frau Holle dann gerne bereit im nächsten Jahr so manchen innigen Wunsch zu erfüllen.
Die ursprüngliche germanische Göttin war Holda oder Hel, in der griechischen Mythologie entspricht sie Hekate, die Göttin der Unter- oder Zwischenwelt. Zur Seite steht ihr Odin, auch bekannt als Wōdan.
Sie führen die Wilde Jagd der Hexen an, welche auf Besen durch die Lüfte reiten. In den Gegenden der Alpen entspricht Frau Holle auch der Wintergöttin Berchta (Perchta). Sie gibt den sogenannten Perchtenläufen ihren Namen.
Die Wilde Jagd – Der Perchtenlauf
Die Tore zur Anderswelt sind weit offen! Davon waren unsere Vorfahren fest überzeugt. Auf der einen Seite kann der Kontakt mit seinen Ahnen leichter hergestellt werden, aber die Tore zur Anderswelt sind auch durchlässig für alle möglichen bösen Geister.
Zum Beispiel auch für die Percht. Wie bereits erwähnt wurden Gaben vor die Türe gestellt um die Percht (Frau Holle) zu besänftigen.
Die bösen Geister peitschten nach altem Volksglaube als Wilde Jagd durch die Nacht. Geister, Dämonen, schwarze Hexen, wilde Tiere und böse Seelen der Verstorbenen toben durch die Dunkelheit und treiben ihr Unwesen. Besonders aktiv ist die Wilde Jagd um Silvester herum und in der Nacht zum Dreikönigstag. In dieser Nacht begehrt sie ein letztes Mal auf, ehe sich die Tore zur Anderswelt wieder verschließen. Da sollte man besser nicht aus dem Haus gehen.
Im alpinen Raum herrschten von jeher starke, tosende Winterstürme. Diese schürten die Angst vor den dunklen Wesen und verstärkten den Glauben an die Wilde Jagd. In diesen Gegenden werden noch heute die sogenannten Perchtenläufe durchgeführt.
Sie sollen den Sieg über die bösen Mächte demonstrierten. Peitschen knallen laut, Böller werden entzündet und Glocken läuten. Ein Heidenlärm um das Böse zu vertreiben und Krankheit und Tod von den Mensch und Tier fernzuhalten.
Das Rauhnachtsbuch
Vieles wird geschehen in den Rauhnächten. Es gilt zu beobachten und damit wir auch wirklich nichts aus dieser intensiven Zeit vergessen, sollten wir uns ein Rauhnachtsbuch anlegen. Es sollte morgens schon griffbereit neben deinem Bett liegen, damit du sogleich deine Träume eintragen kannst. Deine Träume haben dir viel zu erzählen und sagen dir was das nächste Jahr dir bringen wird. Die erste Rauhnacht erzählt dir vom Januar des nächsten Jahres, die zweite vom Februar und immer so fort. Die Träume der achten Rauhnacht und der Nacht der Wunder (vom 05. zum 06. Januar) werden sich, so heißt es, auf jeden Fall erfüllen.
Doch nicht nur für deine Träume ist dieses Buch wichtig.
Notiere alles was dir auffällt. Schreibe auf wie das Wetter war, wie du dich gefühlt hast, in welchem gesundheitlichen Zustand du warst, ob es Streit gab oder nicht. Halte fest ob es ein ruhiger Tag war des Nachdenkens oder ob du voller Tatendrang warst.
Lasse nach jeder Rauhnacht Platz, so ein zwei Seiten. Notiere dort zum Einen was du für den Monat, für den die Rauhnacht steht erwartest und notiere später, wenn der Monat eintritt, was er dir gebracht hat.
Du kannst auch Karten legen oder anderweitige Orakel befragen und die Antworten notieren.
Fülle das Rauhnachtsbuch und es wird dich im kommenden Jahr begleiten und – so bin ich sicher – an mancher Stelle sehr verblüffen.
Deine heutigen Fragen:
- Welches Energiefeld bedarf einer Reinigung?
- Für was möchte ich mich öffnen?
- Was möchte ich Neues empfangen?
- Wie kann ich mich mit Kraft auffüllen?
- Was möchte ich der Welt schenken?
- Welche Licht habe ich zu geben?
Deine heutige Aufgaben:
- Orakeln
- Reinigung von dunklen Energien
- Innere Prozesse beleuchten
- Sich für das Unsichtbare, das Licht öffnen
Gebräuchliche Rituale der Wintersonnenwende
- Räume, Tiere und Menschen räuchern
- Notieren was im alten Jahr losgelassen werden soll
- Negative Energien in einem Feuer verbrennen
- Meditation und Besinnung im Schutz der Dunkelheit
- Engel um ihren Segen bitten
- Dunkle Energiefelder reinigen (durch Räucherung oder Haselzweige)
- Brot und Wasser untereinander und mit der Natur teilen
- Orakel für das kommende Jahr (Karte, Rune, Losung, …)
- Entfachen eines Feuer / Lichtes in der Nacht
- Lichtrituale begleitet von Tanz und Gesang
- Wunschliste für das neue Jahr schreiben
- Weihnachtsbaum rituell schmücken, dem Schmuck Wünsche zuflüstern
- Lichtgeschenke verteilen: An Höhere Wesen, aber auch Anwesenden